Irgendwie gehört er schon zum Inventar. Er ist der dienstälteste Spieler der TSG Sprockhövel, er feierte mit dem Verein die Aufstiege in die Oberliga, er ist Co-Trainer der Senioren-Mannschaft und Coach der A-Jugend, die er jetzt in die Westfalenliga führte. Die Rede ist von Andrius Balaika, dessen Fußball-Karriere im Südwestens Litauens nahe der polnischen Grenze begann.
Ein Spätstarter in Sachen Fußball
Eigentlich war er in Sachen Fußball ein Spätstarter. Er spielte auch Basketball, und er war ein talentierter Schwimmer. Mit sieben Jahren schloss er sich dann aber doch einem Fußball-Verein an. Süduva Marijampole war sein erster Verein. Die Senioren des Club kämpften in der dritten litauischen Liga um Meisterschaftspunkte, und mit 15 Jahren war auch schon Andrius Balaika Bestandteil dieser Mannschaft. „Das ist in Litauen ein bisschen anders als in Deutschland“, sagt der heute 35-Jährige. „Da ist es möglich, dass man in so jungen Jahren schon bei den Senioren spielt.“
Vorausgesetzt natürlich, man hat Talent. Und das hatte Andrius Balaika im Überfluss. Er verließ schließlich Marijampole und wechselte in die Hauptstadt – zum Erstligisten Panerys Vilnius. Balaika wurde litauischer Jugend-Nationalspieler, doch bei dem Hauptstadtverein brachen bald die Tage des Umbruchs an. „Der Verein hatte finanzielle Probleme, die Stars wurden verkauft“, sagt Andrius Balaika im Rückblick auf abwechslungsreiche Jahre. Als der Verein dann pleite war, suchte sich Balaika eine neue Herausforderung.
Und weil in Litauen der deutsche Fußball hoch angesehen war, entschied er sich zu einem mutigen Schritt und siedelte nach Deutschlang um. Der Kontakt nach Sprockhövel kam unter anderem über Ovidius Mozuraitis zustande. Mozuraitis, den in Sprockhövel alle nur „Vitas“ rufen, war einer der ersten Litauer im TSG-Trikot und genießt rund um den Baumhof immer noch Kultstatus. Balaika wechselte damals gemeinsam mit Dainius Kruminas nach Sprockhövel. Das Probetraining unter Jörg Silberbach sei damals gut gelaufen, so Balaika. Aber ganz leicht sei die Zeit nicht gewesen. Englisch hatte er zwar in der Schule gelernt, doch mit der deutschen Sprache tat er sich zunächst schwer.
Vater-Figur Vitas Mozuraitis
„Vitas und Dainius haben mir damals aber sehr geholfen. Und Vitas war für uns junge Spieler ja ohnehin so etwas wie eine Vater-Figur“, sagt Balaika, der sich bei der TSG aber gleich gut aufgehoben fühlte. Und ruhiger ging es auch zu. Denn trainiert wurde nicht mehr zweimal am Tag, sondern nur noch dreimal in der Woche.
Ehe er in Sprockhövel dauerhaft sesshaft wurde, dauerte es aber noch einige Zeit. Andrius Balaika wechselte noch einmal – zu IF Heimer in die zweite schwedische Liga. Zwei Jahre blieb er, doch dann zog es ihn wieder zurück. Auch wegen der persönlichen Kontakte, die er in Sprockhövel geknüpft hatte. „Sprockhövel war ja ein sehr familiärer Verein“, sagt Balaika. „So etwas kannte ich zuvor gar nicht.“
Allerdings haben sich auch die Zeiten rund um den Baumhof etwas verändert. „Ich rede manchmal noch mit Robert Wasilewski über die alten Zeiten“, so Balaika. „Da sind wir oft mit der ganzen Mannschaft feiern gegangen, und am Sonntag haben wir dann gemeinsam auf dem Platz Gas gegeben.“ Die TSG lebte damals auch noch von der Euphorie, weil es in sportlicher Hinsicht ständig bergauf ging. Inzwischen ist es aber zur Normalität geworden, in der Westfalenliga oder – wie aktuell – in der Oberliga zu spielen. „Damals gehörten auch viele Spieler über Jahre zum Stamm, heute gibt es viel mehr Wechsel im Kader“, sagt der Student der Sportwissenschaften, der immer noch nichts von seiner Begeisterung für den Fußball verloren hat. Und er möchte auch noch weiter spielen. In der nächsten Saison auf jeden Fall noch. Allerdings sagt er auch: „In meinem Alter kann man nur noch von Jahr zu Jahr planen. Ich hatte ja lange mit Verletzungen nichts zu tun, doch diese Saison war in dieser Hinsicht schon heftig.“
Ein Jahr also mindestens noch. Auch die A-Jugend-Mannschaft, die am Sonntag Landesliga-Meister wurde, will er noch weiter entwickeln. Die fernere Zukunft hat er aber noch nicht verplant. „Mal schauen, was ich irgendwann mache“, sagt er. „Jetzt bleibe ich erstmal Jugendtrainer. Aber genau so wichtig ist mir, dass ich wieder regelmäßig spiele.“
[Quelle: WAZ Sprockhövel / Heiner Wilms]